1. |
große Terz zuerst
02:28
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große Terz zuerst
Strophe 1
Hast Du ein Teif und jeder Deiner Schritte geht schwer
Auch mir ist das nicht unbekannt
Du glaubst, es geht einfach nicht mehr
Das Leben ist, wie ich’s jetzt seh‘, das was wir tun hin zum Ziel
Ey nimm das Zeug doch einfach an
Und Du gewinnst so viel
Strophe 2
Diese Aufgaben sind doch nicht da
Um davor fortzulaufen
Es ist immer jemand an Deiner Seite
Und das kannst Du gut gebrauchen
Geht der folk-punky Schabernack-Rabatz
Einmal in Moll
Sezt die große Terz zuerst
und es wird toll
Jaa, Krachbox an, Yeahletsgo!
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2. |
noch dafür tun
03:19
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noch dafür tun
Strophe 1
Ich drücke und zieh, halte fest und flieh
Bleib stehn, kucke, springe, mache Sachen wie nie
Ja, ich lasse kommen: zupacken, küssen
Sachen, die verblüffen, die möcht' sie nicht missen
Wir geben uns ganz hin, wolln erforschen und finden
In Berührungen winden, ganz fest verbunden
Ich lass' sie's auch tun, später erst ruh'n
Was jetzt nur zählt, ist, was man mag, auch zu tun
Refrain
Was von dem funktioniert denn schon gut?
Und was kannst Du noch dafür tun?
Strophe 2
Schnell noch ne Email raushaun, für den Gig zum Glück
Für 10 Minuten Star, und dann wieder zurück
Ich terminiere und ich hetze und ich reime und ich texte
Spiele Lieder, trete auf, ich arrangiere und nehm's auf
Blog, Tweet, Mailing, und zum Radio geeilt. Hab's in der Kneipe rumerzählt und extra Flyer verteilt
Auf mein T-Shrit raufgesprüht, in der Zeitung kann man's lesen
Du hast was verpasst, bist Du nicht da gewesen
Refrain
Bridge
Ehrlich, pur und rein: authentisch bei Dir sein!
Und will es einmal nicht gleich ganz reichen, dann setze ich ein Zitronenzeichen
Refrain
Solo
Los, flutsch über die Saiten, ey! Ralle, hau rein! Wow, Yeahletsgo
Ooh yeah, woohah
Refrain
Strophe 3
Zitrone Rock, ohne Bock
bockstark, starrer Star
am selben drosselt's, wo eben Mut noch war
Rezensionen lesen, Interviews geben?
Energie weg, will nich den Fize leben
Jetzt hau ich ab, Schopfgriff auf Trab:
"Glaub ich, es geht nicht mehr, kommt ein Licht daher!"
Der Dotter schrumpft, doch das Herz ist groß
Mir birst schier der Brustkorb, doch jetzt geht es los
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3. |
Ich bleib beim Bügeln
03:41
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Strophe 1
Ich steh am Brett
Und hier mach ich Dampf
Das Edel-Eisen
Hochpreisramsch
Die Bretter, die die Welt bedeuten
Das Bügel-Brett
Das bisschen Haushalt
Das ich jeden Tag aushalt‘
Refrain 1
Ich bleibe beim Bügeln
Hier wird mir noch heiß
Ich bleibe beim Bügeln
Früher lauter heute leis
Tausche Bühne gegen Bügeln ein
Bin ich nun auch allein
Bügle Falten raus und Bügelfalten rein
Strophe 2
Fasste früher heiße Eisen an
Trug Sprüh-Shirt, war nicht verklemmt
Heute fass ich ein heißes Eisen an
Sprühstärke, auf das Hemd!
Ich plätte hier alles weg
Dafür bin ich da
Das halte ich aus
Ich will hier aus nicht raus
Strophe 3
Früher konnte ich bügeln
War ein steiler Hecht
Doch Ordnung im Haushalt
Die ist ja auch nicht schlecht
Lochhosen-, Lederjacken-Falten
Die heiz ich raus
Und wenn die Heizer kommen
Sag ich „Geht ohne mich aus!“
Refrain 2
Ich bleibe beim Bügeln
Lass mich auf sonst gar nichts mehr ein
Ich bleibe beim Bügeln
Das kann ich. Und es muss sein.
Tausche Bühne gegen Bügeln ein
Bin ich nun auch allein
Der Verstärker bleibt nun für immer aus
Ich bleibe zu Haus
Ich mach mir wirklich nichts draus
Ich gebe auf
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4. |
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Zitrone Rock: Meine Zitrone-Rock-Werdung und was daraus wurde
~~~
Einst ging ich sommers spazieren, da fuhr aus sehr heiterem Himmel urplötzlich ein mächtiger Blitz in die nahestehende Eiche ein, so dass auf den Innenseiten des geborstenen Stammes -kaum dass die Baumteile des entzweiten Riesen zur Erde gesunken waren- zu lesen stand: „Zitrone Rock, schreibe Lieder und tritt auf so oft Du nur kannst!“
Soweit die überlieferte Geschichte, die sich in sozialen Medien und auch im Rahmen von Kulturveranstaltungen hartnäckig hält. Doch es existiert noch eine andere Erzählweise.
Denn: Es war wirklich zu einem großen Teil einfach meine Traurigkeit, keine Band mehr zu haben. Das war schon länger der Fall gewesen, damals. Meine durch saisonal bedingte Erfolglosigkeit irritierten Bandkumpane hatten sich einfach aus dem Staub gemacht. „Is mir nix mehr! 400 Kilometer weit fahren und dann vor zehn Idioten zu spielen, die sich lieber unterhalten wollen! Da sitz ich lieber vorm Computerspiel. Ich bin raus – such Dir jemand anderes“, so sagten die ehemaligen Low-Budget-Hedonisten aus meiner Kapelle.
Konnte ich nie verstehen, so ne Haltung! Aufzutreten is doch immer die Lösung! Mir jedenfalls ewige Punkverpflichtung.
Also die Situation: Keine Band da. Nur Idioten um mich rum. Was also tun?! Erstmal ein klingender Name, dann ein Konzept basteln, eine Prise Viralmarketing schlafsandaugig verstreuen, und dann eulenspieglisch-pumuckelig auf die Bühne gehopst!
Als Jugendlicher hatte ich den Spitznamen „Zitrone“ in einer schwäbischen Kleinstadt von dem doppeltsoalten Chefpunker verpasst bekommen. Denn meine Kleidung war inklusive Brillen- und Haarfarbe ein strahlendes Gelb.
„Heilandsack, der hod ja olles gelb oh‘. Des isch ja ä Zidroooné!“, so der punchlinende Oberpunk von Gmünd. Ich nahm den Namen damals an wie eine glänzende Rüstung. Ich nahm ihn damals auch an als Ruhmbeschleuniger. In einer vor Spießigkeit miefenden Kleinstadt, noch dazu in einer schwäbischen, is man mit sowas im Nullkommanix eine stabile Marke. Ein Hoch auf die Provinz! Woanders muss man so viel bewegen, hier reicht einfach ein seltener Name und abenteuerlich-wagemutige Outfits. Und schon is man wer. Sie vergessen einem niemals etwas – Wiedererkennbarkeit auch nach aberwitzigstem Maskeradentum im Erwachsenenalter garantiert.
Und ich nahm den Namen „Zitrone“ jetzt also wieder an, als Alter-Ego-Ausweichmöglichkeit für den Fall von Begegnungen mit voyeuristischem Denunziantentum oder humorfreier Zeitgenossen. Und auch Begegnungen, bei dem es um die kommenden Aufbaukämpfe in der lokalen Liedermacher- und Kunstszene gehen sollte. Yeahletsgo! Endlich ein klingender Name für die andauernden Selbstüberholungsversuche in und um Braunschweig, damals, 2011. Das Entlastungsventil meiner Psyche hatte nun einen Titel, der unvergessbar, wiedererkennbar und eindeutig ist. Keine Ahnung, aber voll drauf los! Johnny B. Good Zitrone.
Ja, der Name muss fetzen, muss einsägen. Soll hängenbleiben! Und für das Nachdenken über so wichtige Fragen bei anstehender Selbsttaufe empfahl sich eine Blitzreise in die eigene Vergangenheit.
Meensch! Ich hatte ja von der Punkkapelle „Mike Rock and The Rollers“ das „Rock“ als Nachname übrig. Bandnamen mit „…and The…“ oder noch besser „…and His…“ fand ich schon immer super, und viel später würde es ja mit „Zitrone Rock and his Crazy Buzz Babes“ so weit sein. Zuvor aber ersmal icke. Es kommt mir wie durch Schleier in Erinnerung, wer zuerst mich auf diesen Laden gebracht haben mag: Die legendäre DRK Kaufbar in Braunschweig.
Der EiKo e.V. organisierte damals (2010/2011) schon viele Jahre lang monatlich einen Musikabend, der einfach für jeden offen war, der dem Proberaummief entsteigen und Selbstkomponiertes zum Besten geben wollte.
Die Idee mit selbstbesprühten T-Shirts hatte ich mir aus Punkbüchern, von echten Punks und von den Manic Street Preachers abgeguckt, deren wilde live-Energie ich als 16-jähriger im Vorprogramm der Toten Hosen erlebt hatte. Das war 1992 in Stuttgart. Eigene Sprühmodeschöpfungen hatte ich seit 1991 im Programm, hatte also schon eine 20-jährige Erfahrung im Bereich Textilverschönerung und Selbstmarketingprobiererei.
Teppichcutter aus dem 1-Euro-Laden, dann Ritze Ratze in eine alte Pappe, Buchstaben ausschnibbeln; T-Shirt drunter, BAUFIX Buntlack darüberverduftet. Fertig ist die individuelle Straßenmode, billig produziert, sehr Punkrock, und vor allem geht’s schnell und individuell. Kleinserien sind bei „Zitrone Moden“ nicht die Exklusivlinie, sondern der Standard.
Dann noch Lederjacke drüber, vor einer ramonesigen Backsteinwand mit einem „amazing“-T-Shirt und einer 1-Euro-Sonnenbrille ein erstes Werbe-Selfie geschossen, fertig. Die Lieder „Popstar“ und „Wilde Welt“ von den Ärzten klingen mir feist und laut im Hintergrund mit, und ich dockte endlich wieder so richtig volle Pulle an. An meine schon vergilbend gefühlte Jugendfrische. Angedockt! An kindliches Vergnügen bei anarchischem Schabernack und angedockt an meinen puren, echten, reinen, authentischen und zutiefst ehrlichen künstlerischen Kern. Yeeeaaaaaaajaaa! Ich bin ich –und zwar sehr.
Der Name also stand, das Konzept eigentlich sehr simpel und automatisch vorhanden.
Das erste große Auftrittsdatum in einem bunten Liederabend mit noch 4 anderen Unbekannten Künstlern stand lange schon fest, darum habe ich mir es auf ein T-Shirt gesprüht und im Türkei-Urlaub hat mich Frau Rock damit fotografiert: 11.12.2011 - oder so, nur das Datum in schwarz auf einem gelben Hemd, und sonst garnix. Internationale Gäste fragten mich nach diesem Datum in der Hotelanlage, es war ein Spaß, mir immer wieder neue Gründe für diese Datumssprühung zurecht zu erfinden.
Ich hatte mit sehr wenig Mitteln wieder einmal sehr viel Aufmerksamkeit bekommen. „Gute Idee“, dachte ich mir. Und machte nach dem Urlaub munter weiter in Sachen Werbetrommelrühung und Fettaufdiepaukehauung. Sogar die Stadt Braunschweig hatte meine frohen Werbebotschaften der fiktiven Promotion-Agentur „Erkan Özkan Musikermanagement - EÖM“ geschluckt und die Super-News flugs auf die Stadt-Page gepostet. Vermutlich spielten mir die Arbeitsüberlastung der Verwaltungsmitarbeiter oder die durch intensive Unterforderung erzeugte Lust auf Verrücktes in die Hände. „Leute, wichtig wichtig wichtig: Einzigartiger Liedermacher haut aufs Auge und gibt sich nun endlich live in unserer schönen Löwenstadt die Ehre! Geht alle hin und gebt ihm euer Geld!“ So ähnlich haben die Inkognito-Punker in den Amtsstuben für mich den roten Teppich ausgerollt.
Der Auftritt war ein Riesenerfolg. Ich wurde als originell abgefeiert, viele sponten eingestreuten Wendungen, Witze und Verblüffende Einwürfe zogen die Leute in Bann, Geschichten, kuriose Bühnenakrobatik und einfache Lieder erfreuten Braunschweig im Winter 2011. Die Herzen flogen mir nur so zu, es war mein Durchbruch. Im Programm hatte ich meine Lieder „Ich hab mich getraut“, „Yeahletsgo“, „Große Terz zuerst“, „Keine Ahnung aber voll drauf los“ und noch ein paar andere. Aus heutiger Sicht erstaunlich viele Songs aus meinen alten Punkbandzeiten in den 90ern. Der Mut zum Erschaffen völlig neuer, pfiffigerer und aktuellerer Texte kam erst später, als ich die Musik mehr und mehr als Unterstützung des Textes verstand und diesem den Vorrang meiner konzentrierten Schaffensliebe gab. Geholfen haben die Songs von Udo Lindenberg und Reinhard Mey. Und viele persönliche Freunde aus der Musikerszene von Braunschweig, allen voran die unglaubliche meike koester.
Schepper, legendärer Solobassist an der Oker, bot an, kostenfrei die Mechaniken an meiner Easyway-Gitarre zu erneuern, denn das ständige Verstimmen hielt er zwar für einen absichtlichen Bühnen-Gag, aber es tat ihm einfach sehr leid, und auch ich kam mit meinem Bühnenwitz zu diesem Thema an meine Grenzen. Ich lernte an diesem Premieren-Abend die Leute vom EiKo e.V. kennen, trat kurz darauf selbst dem Verein bei und habe viele Freunde gewonnen.
Und was ist draus geworden?
Wie es bei uns der am Strande der Bürgerlichkeit Gestrandeten nun mal ist, bügle ich inzwischen die Wäsche im Hause Rock. Und das immerhin in einer verblüffend hohen Qualität, wie mir die Generation 70plus regelmäßig bestätigt. Fenster blitzblank putzen, Badewanne durch regelmäßiges Scheuern gepflegt halten, sogar gelegentliche Näharbeiten. Und natürlich einkaufen, aufräumen und Schuhe putzen! All das beherrsche ich mittlerweile recht gut, und der Rockladen zu Hause bleibt in Schuss. Ach ja. „Obwohl es doch eigentlich eine typische Frauenarbeit ist“ – so raunt es noch immer Schwiegermutter gelegentlich hinterdrein, wenn mal eine kleine Wertschätzung aufblitzt. Eine andere Generation…
Wir sind halt Mittelschicht, zwei Erwachsene, zwei Kinder, mit allem Pipapo, was einen da so in den Vierzigern mit Nachwuchs zwischen zehn und fünfzehn Jahren so umtreibt und beschäftigt.
Brotboxen gesund füllen, nicht zu viel Medienkacke, gutes Gespräch, Bewegung, gesunder Schlaf, genug Einfachdasein. Ab und an auch mal ein Kind zum Sport oder zur Kultur kutschieren. Bei uns ist es das Wandern und Kanufahren, was immer mal in die Freizeit reinpasst und zusammen Freude bringt. Für den Alltagsgebrauch ist es der Kampfsport, zu dem ich die Kinder und mich selbst immer wieder hinmotorisiere und auch natürlich emotional begleite. Unsere Jüngste war neu und konnte sich den Gürtel noch nicht richtig binden. Um ihr den Weg in die Gruppe etwas zu bahnen und sie zur Kontaktaufnahme zu ermutigen, murmelte ich ihr im Umkleideflur zu: „Frag doch mal die eine da drüben, bei der sitzt der Gürtel ja richtig gut.“ Die Kurze also hin, schubst sich selbst toll mutig über die Angstschwelle und legt ihr Anliegen dar.
Die Perfektbinderin riecht den pädagogischen Braten eines vom Vater geschickten Kindes zum Sozialprobierstückchen, saust an der Kampfaspirantin vorbei, und baut sich vor mir auf.
„Ja, Herr Rock. Mein Vater ist ein Ingenieur. Meine Mutter ist eine Rechtsanwältin. Da komme ich wohl aus einem guten Elternhaus und kann auch einen guten Gürtel binden!“
Steht da doch dieser Ichstärke-Klops drahtig vor mir stramm, schon sehr dolle vorabversichert der nötigenfalls Wegfreikaufung durch die Alten. Überbordende Obrigkeit in jedem Wimpernschlag und selbstverständlicher Führungsanspruch schon im kindesaltrigen Aussprechen der eigenen Kompetenzen. So steht sie vor mir. 50 Kilo, die mich sprachlos machen.
Ich bin zwar auf dem besten Weg, ein alter Sack mit Punk-„Vergangenheit“ zu werden, aber ich bin zum Glück gut genug imprägniert für solche Anwürfe im Vorleben von Lebensfeindlichkeit und Anti-Freude.
Die Funken der schönen Götter sind reichlich auf mich niedergeprasselt, und so bin ich voller ruhig-vergewisserter Selbstverständlichkeit. Habe mein Leben bis hierher vollgepumpt mit Erfahrung und Vielfalt. Antriebe waren die Angst vor Versäumnis und die große Freude Leidenschaftlichkeit im wuchtigen Hineinbrechen in immer wieder neue Erfahrungen während meiner immensen Selbstüberholungsversuche.
Ich bin ich – und zwar sehr. Zitrone Rock.
~~~
www.zitrone-rock.de
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5. |
Ich hab mich getraut
02:12
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Ich hab mich getraut
1)
Ich hab mich getraut, ich habe mich getraut
Erst schüchtern-sach, dann herzhaft und laut
Ich hab mir ein kleines Glück selbst gebaut
Und dann hast Du auf mich geschaut
2)
Ich hab mich getraut, ich habe mich getraut
Hab mich durchgebissen
Und durch so vieles durchgekaut
Ich bleib mir selbst eine ehrliche Haut
Spiel Dir mal leise, spiel Dir auch mal laut
3)
Ich hab mich getraut, ich habe mich getraut
Bin nun für immer ein Tandem-Astronaut
Im All der Liebe, da zahl ich jede Maut
Aller Schüchternheit beraubt
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6. |
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Strophe 1
Ich steh am Brett
Und hier mach ich Dampf
Das Edel-Eisen
Hochpreisramsch
Die Bretter, die die Welt bedeuten
Das Bügel-Brett
Das bisschen Haushalt
Das ich jeden Tag aushalt‘
Refrain 1
Ich bleibe beim Bügeln
Hier wird mir noch heiß
Ich bleibe beim Bügeln
Früher lauter heute leis
Tausche Bühne gegen Bügeln ein
Bin ich nun auch allein
Bügle Falten raus und Bügelfalten rein
Strophe 2
Fasste früher heiße Eisen an
Trug Sprüh-Shirt, war nicht verklemmt
Heute fass ich ein heißes Eisen an
Sprühstärke, auf das Hemd!
Ich plätte hier alles weg
Dafür bin ich da
Das halte ich aus
Ich will hier aus nicht raus
Bügel-Rap
Es is mir Jacke wie Hose wie Dir Sprühshirt wie Hemd
Stecker raus, Eisen kühl? Stecker rein, icke cool!
Die Zitronen-Gang gehemmt, der letzte Fan hat‘s verpennt
Fernbedienung verklemmt, die Nahbedingung gekränkt.
Dampfstufe zero, aber Sprühshirt-Hero!
Ich bin der Dampfmach-Mann, alle schaun was ich so kann
Die faustgroße Frucht vom Zitronenbaum
Kommt nun herunter auf die Ohren Dir zu haun
Strophe 3
Früher konnte ich bügeln
War ein steiler Hecht
Doch Ordnung im Haushalt
Die ist ja auch nicht schlecht
Lochhosen-, Lederjacken-Falten
Die heiz ich raus
Und wenn die Heizer kommen
Sag ich „Geht ohne mich aus!“
Refrain 2
Ich bleibe beim Bügeln
Lass mich auf sonst gar nichts mehr ein
Ich bleibe beim Bügeln
Das kann ich. Und es muss sein.
Tausche Bühne gegen Bügeln ein
Bin ich nun auch allein
Der Verstärker bleibt nun für immer aus
Ich bleibe zu Haus
Ich mach mir wirklich nichts draus
Ich gebe auf
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7. |
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Zitrone Rock: Meine Zitrone-Rock-Werdung und was daraus wurde
~~~
Einst ging ich sommers spazieren, da fuhr aus sehr heiterem Himmel urplötzlich ein mächtiger Blitz in die nahestehende Eiche ein, so dass auf den Innenseiten des geborstenen Stammes -kaum dass die Baumteile des entzweiten Riesen zur Erde gesunken waren- zu lesen stand: „Zitrone Rock, schreibe Lieder und tritt auf so oft Du nur kannst!“
Soweit die überlieferte Geschichte, die sich in sozialen Medien und auch im Rahmen von Kulturveranstaltungen hartnäckig hält. Doch es existiert noch eine andere Erzählweise.
Denn: Es war wirklich zu einem großen Teil einfach meine Traurigkeit, keine Band mehr zu haben. Das war schon länger der Fall gewesen, damals. Meine durch saisonal bedingte Erfolglosigkeit irritierten Bandkumpane hatten sich einfach aus dem Staub gemacht. „Is mir nix mehr! 400 Kilometer weit fahren und dann vor zehn Idioten zu spielen, die sich lieber unterhalten wollen! Da sitz ich lieber vorm Computerspiel. Ich bin raus – such Dir jemand anderes“, so sagten die ehemaligen Low-Budget-Hedonisten aus meiner Kapelle.
Konnte ich nie verstehen, so ne Haltung! Aufzutreten is doch immer die Lösung! Mir jedenfalls ewige Punkverpflichtung.
Also die Situation: Keine Band da. Nur Idioten um mich rum. Was also tun?! Erstmal ein klingender Name, dann ein Konzept basteln, eine Prise Viralmarketing schlafsandaugig verstreuen, und dann eulenspieglisch-pumuckelig auf die Bühne gehopst!
Als Jugendlicher hatte ich den Spitznamen „Zitrone“ in einer schwäbischen Kleinstadt von dem doppeltsoalten Chefpunker verpasst bekommen. Denn meine Kleidung war inklusive Brillen- und Haarfarbe ein strahlendes Gelb.
„Heilandsack, der hod ja olles gelb oh‘. Des isch ja ä Zidroooné!“, so der punchlinende Oberpunk von Gmünd. Ich nahm den Namen damals an wie eine glänzende Rüstung. Ich nahm ihn damals auch an als Ruhmbeschleuniger. In einer vor Spießigkeit miefenden Kleinstadt, noch dazu in einer schwäbischen, is man mit sowas im Nullkommanix eine stabile Marke. Ein Hoch auf die Provinz! Woanders muss man so viel bewegen, hier reicht einfach ein seltener Name und abenteuerlich-wagemutige Outfits. Und schon is man wer. Sie vergessen einem niemals etwas – Wiedererkennbarkeit auch nach aberwitzigstem Maskeradentum im Erwachsenenalter garantiert.
Und ich nahm den Namen „Zitrone“ jetzt also wieder an, als Alter-Ego-Ausweichmöglichkeit für den Fall von Begegnungen mit voyeuristischem Denunziantentum oder humorfreier Zeitgenossen. Und auch Begegnungen, bei dem es um die kommenden Aufbaukämpfe in der lokalen Liedermacher- und Kunstszene gehen sollte. Yeahletsgo! Endlich ein klingender Name für die andauernden Selbstüberholungsversuche in und um Braunschweig, damals, 2011. Das Entlastungsventil meiner Psyche hatte nun einen Titel, der unvergessbar, wiedererkennbar und eindeutig ist. Keine Ahnung, aber voll drauf los! Johnny B. Good Zitrone.
Ja, der Name muss fetzen, muss einsägen. Soll hängenbleiben! Und für das Nachdenken über so wichtige Fragen bei anstehender Selbsttaufe empfahl sich eine Blitzreise in die eigene Vergangenheit.
Meensch! Ich hatte ja von der Punkkapelle „Mike Rock and The Rollers“ das „Rock“ als Nachname übrig. Bandnamen mit „…and The…“ oder noch besser „…and His…“ fand ich schon immer super, und viel später würde es ja mit „Zitrone Rock and his Crazy Buzz Babes“ so weit sein. Zuvor aber ersmal icke. Es kommt mir wie durch Schleier in Erinnerung, wer zuerst mich auf diesen Laden gebracht haben mag: Die legendäre DRK Kaufbar in Braunschweig.
Der EiKo e.V. organisierte damals (2010/2011) schon viele Jahre lang monatlich einen Musikabend, der einfach für jeden offen war, der dem Proberaummief entsteigen und Selbstkomponiertes zum Besten geben wollte.
Die Idee mit selbstbesprühten T-Shirts hatte ich mir aus Punkbüchern, von echten Punks und von den Manic Street Preachers abgeguckt, deren wilde live-Energie ich als 16-jähriger im Vorprogramm der Toten Hosen erlebt hatte. Das war 1992 in Stuttgart. Eigene Sprühmodeschöpfungen hatte ich seit 1991 im Programm, hatte also schon eine 20-jährige Erfahrung im Bereich Textilverschönerung und Selbstmarketingprobiererei.
Teppichcutter aus dem 1-Euro-Laden, dann Ritze Ratze in eine alte Pappe, Buchstaben ausschnibbeln; T-Shirt drunter, BAUFIX Buntlack darüberverduftet. Fertig ist die individuelle Straßenmode, billig produziert, sehr Punkrock, und vor allem geht’s schnell und individuell. Kleinserien sind bei „Zitrone Moden“ nicht die Exklusivlinie, sondern der Standard.
Dann noch Lederjacke drüber, vor einer ramonesigen Backsteinwand mit einem „amazing“-T-Shirt und einer 1-Euro-Sonnenbrille ein erstes Werbe-Selfie geschossen, fertig. Die Lieder „Popstar“ und „Wilde Welt“ von den Ärzten klingen mir feist und laut im Hintergrund mit, und ich dockte endlich wieder so richtig volle Pulle an. An meine schon vergilbend gefühlte Jugendfrische. Angedockt! An kindliches Vergnügen bei anarchischem Schabernack und angedockt an meinen puren, echten, reinen, authentischen und zutiefst ehrlichen künstlerischen Kern. Yeeeaaaaaaajaaa! Ich bin ich –und zwar sehr.
Der Name also stand, das Konzept eigentlich sehr simpel und automatisch vorhanden.
Das erste große Auftrittsdatum in einem bunten Liederabend mit noch 4 anderen Unbekannten Künstlern stand lange schon fest, darum habe ich mir es auf ein T-Shirt gesprüht und im Türkei-Urlaub hat mich Frau Rock damit fotografiert: 11.12.2011 - oder so, nur das Datum in schwarz auf einem gelben Hemd, und sonst garnix. Internationale Gäste fragten mich nach diesem Datum in der Hotelanlage, es war ein Spaß, mir immer wieder neue Gründe für diese Datumssprühung zurecht zu erfinden.
Ich hatte mit sehr wenig Mitteln wieder einmal sehr viel Aufmerksamkeit bekommen. „Gute Idee“, dachte ich mir. Und machte nach dem Urlaub munter weiter in Sachen Werbetrommelrühung und Fettaufdiepaukehauung. Sogar die Stadt Braunschweig hatte meine frohen Werbebotschaften der fiktiven Promotion-Agentur „Erkan Özkan Musikermanagement - EÖM“ geschluckt und die Super-News flugs auf die Stadt-Page gepostet. Vermutlich spielten mir die Arbeitsüberlastung der Verwaltungsmitarbeiter oder die durch intensive Unterforderung erzeugte Lust auf Verrücktes in die Hände. „Leute, wichtig wichtig wichtig: Einzigartiger Liedermacher haut aufs Auge und gibt sich nun endlich live in unserer schönen Löwenstadt die Ehre! Geht alle hin und gebt ihm euer Geld!“ So ähnlich haben die Inkognito-Punker in den Amtsstuben für mich den roten Teppich ausgerollt.
Der Auftritt war ein Riesenerfolg. Ich wurde als originell abgefeiert, viele sponten eingestreuten Wendungen, Witze und Verblüffende Einwürfe zogen die Leute in Bann, Geschichten, kuriose Bühnenakrobatik und einfache Lieder erfreuten Braunschweig im Winter 2011. Die Herzen flogen mir nur so zu, es war mein Durchbruch. Im Programm hatte ich meine Lieder „Ich hab mich getraut“, „Yeahletsgo“, „Große Terz zuerst“, „Keine Ahnung aber voll drauf los“ und noch ein paar andere. Aus heutiger Sicht erstaunlich viele Songs aus meinen alten Punkbandzeiten in den 90ern. Der Mut zum Erschaffen völlig neuer, pfiffigerer und aktuellerer Texte kam erst später, als ich die Musik mehr und mehr als Unterstützung des Textes verstand und diesem den Vorrang meiner konzentrierten Schaffensliebe gab. Geholfen haben die Songs von Udo Lindenberg und Reinhard Mey. Und viele persönliche Freunde aus der Musikerszene von Braunschweig, allen voran die unglaubliche meike koester.
Schepper, legendärer Solobassist an der Oker, bot an, kostenfrei die Mechaniken an meiner Easyway-Gitarre zu erneuern, denn das ständige Verstimmen hielt er zwar für einen absichtlichen Bühnen-Gag, aber es tat ihm einfach sehr leid, und auch ich kam mit meinem Bühnenwitz zu diesem Thema an meine Grenzen. Ich lernte an diesem Premieren-Abend die Leute vom EiKo e.V. kennen, trat kurz darauf selbst dem Verein bei und habe viele Freunde gewonnen.
Und was ist draus geworden?
Wie es bei uns der am Strande der Bürgerlichkeit Gestrandeten nun mal ist, bügle ich inzwischen die Wäsche im Hause Rock. Und das immerhin in einer verblüffend hohen Qualität, wie mir die Generation 70plus regelmäßig bestätigt. Fenster blitzblank putzen, Badewanne durch regelmäßiges Scheuern gepflegt halten, sogar gelegentliche Näharbeiten. Und natürlich einkaufen, aufräumen und Schuhe putzen! All das beherrsche ich mittlerweile recht gut, und der Rockladen zu Hause bleibt in Schuss. Ach ja. „Obwohl es doch eigentlich eine typische Frauenarbeit ist“ – so raunt es noch immer Schwiegermutter gelegentlich hinterdrein, wenn mal eine kleine Wertschätzung aufblitzt. Eine andere Generation…
Wir sind halt Mittelschicht, zwei Erwachsene, zwei Kinder, mit allem Pipapo, was einen da so in den Vierzigern mit Nachwuchs zwischen zehn und fünfzehn Jahren so umtreibt und beschäftigt.
Brotboxen gesund füllen, nicht zu viel Medienkacke, gutes Gespräch, Bewegung, gesunder Schlaf, genug Einfachdasein. Ab und an auch mal ein Kind zum Sport oder zur Kultur kutschieren. Bei uns ist es das Wandern und Kanufahren, was immer mal in die Freizeit reinpasst und zusammen Freude bringt. Für den Alltagsgebrauch ist es der Kampfsport, zu dem ich die Kinder und mich selbst immer wieder hinmotorisiere und auch natürlich emotional begleite. Unsere Jüngste war neu und konnte sich den Gürtel noch nicht richtig binden. Um ihr den Weg in die Gruppe etwas zu bahnen und sie zur Kontaktaufnahme zu ermutigen, murmelte ich ihr im Umkleideflur zu: „Frag doch mal die eine da drüben, bei der sitzt der Gürtel ja richtig gut.“ Die Kurze also hin, schubst sich selbst toll mutig über die Angstschwelle und legt ihr Anliegen dar.
Die Perfektbinderin riecht den pädagogischen Braten eines vom Vater geschickten Kindes zum Sozialprobierstückchen, saust an der Kampfaspirantin vorbei, und baut sich vor mir auf.
„Ja, Herr Rock. Mein Vater ist ein Ingenieur. Meine Mutter ist eine Rechtsanwältin. Da komme ich wohl aus einem guten Elternhaus und kann auch einen guten Gürtel binden!“
Steht da doch dieser Ichstärke-Klops drahtig vor mir stramm, schon sehr dolle vorabversichert der nötigenfalls Wegfreikaufung durch die Alten. Überbordende Obrigkeit in jedem Wimpernschlag und selbstverständlicher Führungsanspruch schon im kindesaltrigen Aussprechen der eigenen Kompetenzen. So steht sie vor mir. 50 Kilo, die mich sprachlos machen.
Ich bin zwar auf dem besten Weg, ein alter Sack mit Punk-„Vergangenheit“ zu werden, aber ich bin zum Glück gut genug imprägniert für solche Anwürfe im Vorleben von Lebensfeindlichkeit und Anti-Freude.
Die Funken der schönen Götter sind reichlich auf mich niedergeprasselt, und so bin ich voller ruhig-vergewisserter Selbstverständlichkeit. Habe mein Leben bis hierher vollgepumpt mit Erfahrung und Vielfalt. Antriebe waren die Angst vor Versäumnis und die große Freude Leidenschaftlichkeit im wuchtigen Hineinbrechen in immer wieder neue Erfahrungen während meiner immensen Selbstüberholungsversuche.
Ich bin ich – und zwar sehr. Zitrone Rock.
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www.zitrone-rock.de
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www.zitrone-rock.de
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www.zitrone-rock.de
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Zitrone Rock: Meine Zitrone-Rock-Werdung und was daraus wurde
~~~
Einst ging ich sommers spazieren, da fuhr aus sehr heiterem Himmel urplötzlich ein mächtiger Blitz in die nahestehende Eiche ein, so dass auf den Innenseiten des geborstenen Stammes -kaum dass die Baumteile des entzweiten Riesen zur Erde gesunken waren- zu lesen stand: „Zitrone Rock, schreibe Lieder und tritt auf so oft Du nur kannst!“
Soweit die überlieferte Geschichte, die sich in sozialen Medien und auch im Rahmen von Kulturveranstaltungen hartnäckig hält. Doch es existiert noch eine andere Erzählweise.
Denn: Es war wirklich zu einem großen Teil einfach meine Traurigkeit, keine Band mehr zu haben. Das war schon länger der Fall gewesen, damals. Meine durch saisonal bedingte Erfolglosigkeit irritierten Bandkumpane hatten sich einfach aus dem Staub gemacht. „Is mir nix mehr! 400 Kilometer weit fahren und dann vor zehn Idioten zu spielen, die sich lieber unterhalten wollen! Da sitz ich lieber vorm Computerspiel. Ich bin raus – such Dir jemand anderes“, so sagten die ehemaligen Low-Budget-Hedonisten aus meiner Kapelle.
Konnte ich nie verstehen, so ne Haltung! Aufzutreten is doch immer die Lösung! Mir jedenfalls ewige Punkverpflichtung.
Also die Situation: Keine Band da. Nur Idioten um mich rum. Was also tun?! Erstmal ein klingender Name, dann ein Konzept basteln, eine Prise Viralmarketing schlafsandaugig verstreuen, und dann eulenspieglisch-pumuckelig auf die Bühne gehopst!
Als Jugendlicher hatte ich den Spitznamen „Zitrone“ in einer schwäbischen Kleinstadt von dem doppeltsoalten Chefpunker verpasst bekommen. Denn meine Kleidung war inklusive Brillen- und Haarfarbe ein strahlendes Gelb.
„Heilandsack, der hod ja olles gelb oh‘. Des isch ja ä Zidroooné!“, so der punchlinende Oberpunk von Gmünd. Ich nahm den Namen damals an wie eine glänzende Rüstung. Ich nahm ihn damals auch an als Ruhmbeschleuniger. In einer vor Spießigkeit miefenden Kleinstadt, noch dazu in einer schwäbischen, is man mit sowas im Nullkommanix eine stabile Marke. Ein Hoch auf die Provinz! Woanders muss man so viel bewegen, hier reicht einfach ein seltener Name und abenteuerlich-wagemutige Outfits. Und schon is man wer. Sie vergessen einem niemals etwas – Wiedererkennbarkeit auch nach aberwitzigstem Maskeradentum im Erwachsenenalter garantiert.
Und ich nahm den Namen „Zitrone“ jetzt also wieder an, als Alter-Ego-Ausweichmöglichkeit für den Fall von Begegnungen mit voyeuristischem Denunziantentum oder humorfreier Zeitgenossen. Und auch Begegnungen, bei dem es um die kommenden Aufbaukämpfe in der lokalen Liedermacher- und Kunstszene gehen sollte. Yeahletsgo! Endlich ein klingender Name für die andauernden Selbstüberholungsversuche in und um Braunschweig, damals, 2011. Das Entlastungsventil meiner Psyche hatte nun einen Titel, der unvergessbar, wiedererkennbar und eindeutig ist. Keine Ahnung, aber voll drauf los! Johnny B. Good Zitrone.
Ja, der Name muss fetzen, muss einsägen. Soll hängenbleiben! Und für das Nachdenken über so wichtige Fragen bei anstehender Selbsttaufe empfahl sich eine Blitzreise in die eigene Vergangenheit.
Meensch! Ich hatte ja von der Punkkapelle „Mike Rock and The Rollers“ das „Rock“ als Nachname übrig. Bandnamen mit „…and The…“ oder noch besser „…and His…“ fand ich schon immer super, und viel später würde es ja mit „Zitrone Rock and his Crazy Buzz Babes“ so weit sein. Zuvor aber ersmal icke. Es kommt mir wie durch Schleier in Erinnerung, wer zuerst mich auf diesen Laden gebracht haben mag: Die legendäre DRK Kaufbar in Braunschweig.
Der EiKo e.V. organisierte damals (2010/2011) schon viele Jahre lang monatlich einen Musikabend, der einfach für jeden offen war, der dem Proberaummief entsteigen und Selbstkomponiertes zum Besten geben wollte.
Die Idee mit selbstbesprühten T-Shirts hatte ich mir aus Punkbüchern, von echten Punks und von den Manic Street Preachers abgeguckt, deren wilde live-Energie ich als 16-jähriger im Vorprogramm der Toten Hosen erlebt hatte. Das war 1992 in Stuttgart. Eigene Sprühmodeschöpfungen hatte ich seit 1991 im Programm, hatte also schon eine 20-jährige Erfahrung im Bereich Textilverschönerung und Selbstmarketingprobiererei.
Teppichcutter aus dem 1-Euro-Laden, dann Ritze Ratze in eine alte Pappe, Buchstaben ausschnibbeln; T-Shirt drunter, BAUFIX Buntlack darüberverduftet. Fertig ist die individuelle Straßenmode, billig produziert, sehr Punkrock, und vor allem geht’s schnell und individuell. Kleinserien sind bei „Zitrone Moden“ nicht die Exklusivlinie, sondern der Standard.
Dann noch Lederjacke drüber, vor einer ramonesigen Backsteinwand mit einem „amazing“-T-Shirt und einer 1-Euro-Sonnenbrille ein erstes Werbe-Selfie geschossen, fertig. Die Lieder „Popstar“ und „Wilde Welt“ von den Ärzten klingen mir feist und laut im Hintergrund mit, und ich dockte endlich wieder so richtig volle Pulle an. An meine schon vergilbend gefühlte Jugendfrische. Angedockt! An kindliches Vergnügen bei anarchischem Schabernack und angedockt an meinen puren, echten, reinen, authentischen und zutiefst ehrlichen künstlerischen Kern. Yeeeaaaaaaajaaa! Ich bin ich –und zwar sehr.
Der Name also stand, das Konzept eigentlich sehr simpel und automatisch vorhanden.
Das erste große Auftrittsdatum in einem bunten Liederabend mit noch 4 anderen Unbekannten Künstlern stand lange schon fest, darum habe ich mir es auf ein T-Shirt gesprüht und im Türkei-Urlaub hat mich Frau Rock damit fotografiert: 11.12.2011 - oder so, nur das Datum in schwarz auf einem gelben Hemd, und sonst garnix. Internationale Gäste fragten mich nach diesem Datum in der Hotelanlage, es war ein Spaß, mir immer wieder neue Gründe für diese Datumssprühung zurecht zu erfinden.
Ich hatte mit sehr wenig Mitteln wieder einmal sehr viel Aufmerksamkeit bekommen. „Gute Idee“, dachte ich mir. Und machte nach dem Urlaub munter weiter in Sachen Werbetrommelrühung und Fettaufdiepaukehauung. Sogar die Stadt Braunschweig hatte meine frohen Werbebotschaften der fiktiven Promotion-Agentur „Erkan Özkan Musikermanagement - EÖM“ geschluckt und die Super-News flugs auf die Stadt-Page gepostet. Vermutlich spielten mir die Arbeitsüberlastung der Verwaltungsmitarbeiter oder die durch intensive Unterforderung erzeugte Lust auf Verrücktes in die Hände. „Leute, wichtig wichtig wichtig: Einzigartiger Liedermacher haut aufs Auge und gibt sich nun endlich live in unserer schönen Löwenstadt die Ehre! Geht alle hin und gebt ihm euer Geld!“ So ähnlich haben die Inkognito-Punker in den Amtsstuben für mich den roten Teppich ausgerollt.
Der Auftritt war ein Riesenerfolg. Ich wurde als originell abgefeiert, viele sponten eingestreuten Wendungen, Witze und Verblüffende Einwürfe zogen die Leute in Bann, Geschichten, kuriose Bühnenakrobatik und einfache Lieder erfreuten Braunschweig im Winter 2011. Die Herzen flogen mir nur so zu, es war mein Durchbruch. Im Programm hatte ich meine Lieder „Ich hab mich getraut“, „Yeahletsgo“, „Große Terz zuerst“, „Keine Ahnung aber voll drauf los“ und noch ein paar andere. Aus heutiger Sicht erstaunlich viele Songs aus meinen alten Punkbandzeiten in den 90ern. Der Mut zum Erschaffen völlig neuer, pfiffigerer und aktuellerer Texte kam erst später, als ich die Musik mehr und mehr als Unterstützung des Textes verstand und diesem den Vorrang meiner konzentrierten Schaffensliebe gab. Geholfen haben die Songs von Udo Lindenberg und Reinhard Mey. Und viele persönliche Freunde aus der Musikerszene von Braunschweig, allen voran die unglaubliche meike koester.
Schepper, legendärer Solobassist an der Oker, bot an, kostenfrei die Mechaniken an meiner Easyway-Gitarre zu erneuern, denn das ständige Verstimmen hielt er zwar für einen absichtlichen Bühnen-Gag, aber es tat ihm einfach sehr leid, und auch ich kam mit meinem Bühnenwitz zu diesem Thema an meine Grenzen. Ich lernte an diesem Premieren-Abend die Leute vom EiKo e.V. kennen, trat kurz darauf selbst dem Verein bei und habe viele Freunde gewonnen.
Und was ist draus geworden?
Wie es bei uns der am Strande der Bürgerlichkeit Gestrandeten nun mal ist, bügle ich inzwischen die Wäsche im Hause Rock. Und das immerhin in einer verblüffend hohen Qualität, wie mir die Generation 70plus regelmäßig bestätigt. Fenster blitzblank putzen, Badewanne durch regelmäßiges Scheuern gepflegt halten, sogar gelegentliche Näharbeiten. Und natürlich einkaufen, aufräumen und Schuhe putzen! All das beherrsche ich mittlerweile recht gut, und der Rockladen zu Hause bleibt in Schuss. Ach ja. „Obwohl es doch eigentlich eine typische Frauenarbeit ist“ – so raunt es noch immer Schwiegermutter gelegentlich hinterdrein, wenn mal eine kleine Wertschätzung aufblitzt. Eine andere Generation…
Wir sind halt Mittelschicht, zwei Erwachsene, zwei Kinder, mit allem Pipapo, was einen da so in den Vierzigern mit Nachwuchs zwischen zehn und fünfzehn Jahren so umtreibt und beschäftigt.
Brotboxen gesund füllen, nicht zu viel Medienkacke, gutes Gespräch, Bewegung, gesunder Schlaf, genug Einfachdasein. Ab und an auch mal ein Kind zum Sport oder zur Kultur kutschieren. Bei uns ist es das Wandern und Kanufahren, was immer mal in die Freizeit reinpasst und zusammen Freude bringt. Für den Alltagsgebrauch ist es der Kampfsport, zu dem ich die Kinder und mich selbst immer wieder hinmotorisiere und auch natürlich emotional begleite. Unsere Jüngste war neu und konnte sich den Gürtel noch nicht richtig binden. Um ihr den Weg in die Gruppe etwas zu bahnen und sie zur Kontaktaufnahme zu ermutigen, murmelte ich ihr im Umkleideflur zu: „Frag doch mal die eine da drüben, bei der sitzt der Gürtel ja richtig gut.“ Die Kurze also hin, schubst sich selbst toll mutig über die Angstschwelle und legt ihr Anliegen dar.
Die Perfektbinderin riecht den pädagogischen Braten eines vom Vater geschickten Kindes zum Sozialprobierstückchen, saust an der Kampfaspirantin vorbei, und baut sich vor mir auf.
„Ja, Herr Rock. Mein Vater ist ein Ingenieur. Meine Mutter ist eine Rechtsanwältin. Da komme ich wohl aus einem guten Elternhaus und kann auch einen guten Gürtel binden!“
Steht da doch dieser Ichstärke-Klops drahtig vor mir stramm, schon sehr dolle vorabversichert der nötigenfalls Wegfreikaufung durch die Alten. Überbordende Obrigkeit in jedem Wimpernschlag und selbstverständlicher Führungsanspruch schon im kindesaltrigen Aussprechen der eigenen Kompetenzen. So steht sie vor mir. 50 Kilo, die mich sprachlos machen.
Ich bin zwar auf dem besten Weg, ein alter Sack mit Punk-„Vergangenheit“ zu werden, aber ich bin zum Glück gut genug imprägniert für solche Anwürfe im Vorleben von Lebensfeindlichkeit und Anti-Freude.
Die Funken der schönen Götter sind reichlich auf mich niedergeprasselt, und so bin ich voller ruhig-vergewisserter Selbstverständlichkeit. Habe mein Leben bis hierher vollgepumpt mit Erfahrung und Vielfalt. Antriebe waren die Angst vor Versäumnis und die große Freude Leidenschaftlichkeit im wuchtigen Hineinbrechen in immer wieder neue Erfahrungen während meiner immensen Selbstüberholungsversuche.
Ich bin ich – und zwar sehr. Zitrone Rock.
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www.zitrone-rock.de
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Sprühshirt-Ende
04:40
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Zitrone Rock Berlin, Germany
Zitrone Rock ist Experte fürs Wohnzimmerkonzert und Liedermacher aus Berlin.
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